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Legal framework for landscape plans in NRW

Die Stadt Aachen hat am 02.05.2024 bekannt gegeben, dass eine öffentliche Auslegung zur Neuaufstellung des Landschaftsplans vom 13.05.2024 bis zum 25.06.2024 – gemäß § 17 des Landesnaturschutzgesetzes Nordrhein-Westfalens („LNatSchG NRW“) – erfolgt. Dies gibt Anlass, einen Blick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen von Landschaftsplänen und auf die Landschaftsplanung, die die Landschaftspläne umfasst, zu werfen.

I. Was ist und wie funktioniert Landschaftsplanung

Die Landschaftsplanung ist ein wichtiges Instrument des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Für die Landschaftsplanung sind daher vor allem zwei Gesetze von besonderer Relevanz: Neben dem LNatSchG NRW ist noch das Bundesnaturschutzgesetz („BNatSchG“) einschlägig. Das rechtliche Verhältnis der beiden Gesetze ist im Detail verschachtelt und (noch) nicht einheitlich geklärt. Im Ausgangspunkt gilt, dass „allgemeine Grundsätze“ des BNatSchG wegen der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 72 Abs. 3 S. 1 Grundgesetz nicht zur Disposition der Länder stehen und daher auch das LNatSchG NRW keine hierzu abweichenden Regelungen beinhalten kann. Um zu klären, was Landschaftsplanung ist und wie sie funktioniert, bedarf es daher zunächst einen Blick in das BNatSchG.

Auf den ersten Blick wird man jedoch nicht feststellen, was unter Landschaftsplanung zu verstehen ist. Denn eine Definition enthält das BNatSchG nicht. Aus der Regelungssystematik der einzelnen Paragraphen lässt sich jedoch schließen, dass sich Landschaftsplanung am besten durch die unterschiedlichen „Pläne“, die das BNatSchG kennt, bestimmen lässt. Danach ist Landschaftsplanung der Oberbegriff für die vier Planungsinstrumente (BeckOK Umweltrecht/Kleve, § 8 BNatSchG Rn. 3) und die zwei Planungsebenen des BNatSchG:

  • Ausgangspunkt ist die Unterscheidung zwischen der Landesebene und der örtlichen Planungsebene:

„Die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege werden als Grundlage vorsorgenden Handelns im Rahmen der Landschaftsplanung überörtlich und örtlich konkretisiert und die Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Ziele dargestellt und begründet.“ (§ 8 BNatSchG)

  • Für die Landesebene sieht § 10 BNatSchG Landschaftsprogramme und Landschaftsrahmenpläne vor. Diese unterscheiden sich dadurch, dass Landschaftsprogramme das gesamte Landesgebiet umfassen, wohingegen Landschaftsrahmenpläne nur Teile des Landes erfassen.
  • Für die örtliche Planungsebene sieht § 11 BNatSchG Landschaftspläne und Grünordnungspläne vor.  Diese unterscheiden sich – vergleichbar zu den Landschaftsprogrammen und den Landschaftsrahmenplänen – nach dem Gebietsumfang: Die Grünordnungspläne beziehen sich lediglich auf Teile eines Gemeindegebiets.

Der Landschaftsplan ist also eins von vier Instrumenten der Landschaftsplanung. Für die aufgezeigten vier Planungsinstrumente sieht § 9 Abs. 2 S. 1 BNatSchG einige stets zu beachtende Inhalte vor:

„Inhalte der Landschaftsplanung sind die Darstellung und Begründung der konkretisierten Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege und der ihrer Verwirklichung dienenden Erfordernisse und Maßnahmen.“

Die Landschaftsplanung, egal ob als Landschaftsprogramm, Landschaftsrahmenplan, Landschaftsplan oder Grünordnungsplan, muss daher zunächst die Ziele ihrer Planung konkretisieren. Ausgangspunkt sind hierbei die in § 1 BNatSchG benannten Ziele. Anschließend sind die Erfordernisse und die Maßnahmen zur Umsetzung dieser Ziele klar zu benennen. Die Maßnahmen sind hierbei Ausdruck der sog. sektoralen Fachplanung und beziehen sich auf den Aufgabenbereich der Naturschutzverwaltung, während die Erfordernisse Ausdruck der sog. Querschnittsplanung sind und sich an andere Fachgebiete, die mit Naturschutz und Landschaftspflege in Berührung kommen, richten (Landmann/Rohmer Umweltrecht/Gellermann, BNatSchG § 8 Rn. 5).

Die Landschaftsplanung ist also eine komplexe Planung, die die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege konkretisiert und diesen durch die Festlegung von Erfordernissen und Maßnahmen zur örtlichen und überörtlichen Geltung verhelfen soll. Dies sind die Kerngehalte der Landschaftsplanung. Das Verfahren zur Aufstellung richtet sich hingegen nach Landesrecht, § 10 Abs. 5 S. 2 und § 11 Abs. 7 S. 2 BNatSchG.

II. Eckpunkte des Aufstellungsverfahrens eines Landschaftsplans

Das Landesrecht in NRW hält für den Landschaftsplan eine Besonderheit bereit: Der Landschaftsplan ergeht als Satzung, § 7 Abs. 3 S. 1 Hs. 2 LNatSchG NRW. Diese nordrhein-westfälische Besonderheit führt zunächst dazu, dass die Querschnittsplanung (hierzu I.) eine stärkere „Durchschlagskraft“ erhält. Denn als Satzung erlangen der Landschaftsplan und seine Bestimmungen unmittelbare Rechtsverbindlichkeit. Darüber hinaus sind – ergänzend zum BNatSchG und LNatSchG NRW – die Bestimmungen der Gemeindeordnung NRW, die sich auf Satzungen beziehen, einschlägig. Das Verfahren zur Aufstellung des Landschaftsplans ähnelt daher auch der Aufstellung eines Bebauungsplans, der ebenfalls als Satzung erlassen wird (§ 10 Abs. 1 Baugesetzbuch). Für das Aufstellungsverfahren sind die nachfolgenden Verfahrensschritte zentral:

  • Aufstellungsbeschluss (§ 14 LNatSchG NRW): Zunächst haben die jeweiligen Träger der Landschaftsplanung (Kreise oder kreisfreien Städte) einen Aufstellungsbeschluss zu fassen, der ortsüblich bekannt zu machen ist.
  • Frühzeitige Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung: Nach dem Aufstellungsbeschluss sollte ein Vorentwurf erstellt werden. Liegt ein solcher vor, kann eine frühzeitige Beteilung der Träger öffentlicher Belange (§ 15 LNatSchG NRW) und der Bürgerinnen und Bürger (§ 16 LNatSchG NRW) angemessen erfolgen. Die Beteiligung der Bürgerinnen und der Bürger sieht vor, dass diese über die allgemeinen Ziele und die voraussichtlichen Auswirkungen des Plans öffentlich unterrichtet werden. Die Bürgerinnen und Bürger müssen die Gelegenheit bekommen, sich zu äußern und den Plan zu erörtern.
  • Auslegungsverfahren (§ 17 LNatSchG NRW): Im Anschluss – ggf. nach Überarbeitung des Vorentwurfs – wird der Entwurf des Landschaftsplans für die Dauer eines Monats öffentliche ausgelegt. Die Auslegung ist mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Anders als bei der frühzeitigen Beteiligung ist nun keine Erörterung mehr vorgesehen. Vielmehr sind Bedenken oder Anregungen schriftlich oder zur Niederschrift vorzutragen. Allerdings besteht hinsichtlich der Bedenken und Anregungen eine Prüfpflicht und eine Ergebnismitteilungspflicht. Wird der Entwurf aufgrund von Bedenken oder Anregungen in den Grundzügen geändert, ist das Auslegungsverfahren (teilweise) zu wiederholen.
  • Anzeigeverfahren (§ 18 LNatSchG NRW): Der Landschaftsplan ist sodann der höheren Naturschutzbehörde (Bezirksregierung) anzuzeigen. Diese kann den Landschaftsplan dahingehend prüfen, ob er ordnungsgemäß zustande gekommen ist oder gegen Rechtsvorschriften verstößt. Bei dieser Prüfungskompetenz handelt es sich juristisch um eine sog. Rechtsaufsicht. In Abgrenzung zur sog. Fachaufsicht wird bei einer Rechtsaufsicht nicht die Zweckmäßigkeit, sondern nur die Rechtmäßigkeit geprüft.  Fachliche Änderungen des Landschaftsplans sind daher bei diesem Verfahrensschritt nicht zu erwarten.
  • Inkrafttreten des Landschaftsplans (§ 19 LNatSchG NRW): Die Durchführung des Anzeigeverfahrens ist ortsüblich bekannt zu machen. Mit der Bekanntmachung tritt der Landschaftsplan in Kraft.

III. Wesentliche Inhalte eines Landschaftsplans

Möchten Bürgerinnen und Bürger sinnvoll am Aufstellungsverfahren teilnehmen, ist es wichtig zu wissen, welche potenziellen Inhalte sie in einem Landschaftsplan vorfinden können. Neben den Vorgaben aus dem BNatSchG (siehe hierzu I.) sieht auch das LNatSchG NRW bestimmte – die Vorgaben aus dem BNatSchG konkretisierende – Inhalte vor, die im Landschaftsplan nicht fehlen dürfen:

  • Die Darstellung der Entwicklungsziele für die Landschaft (§ 10 LNatSchG NRW)
  • Die Festsetzung besonders geschützter Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Abs. 2 BNatSchG, insbesondere von Naturschutzgebieten (§ 23 BNatSchG) und Landschaftsschutzgebieten (§ 26 BNatSchG)
  • Die Kennzeichnung der Bestandteile des Biotopverbunds (§ 21 BNatSchG)
  • Besondere Festsetzungen für die forstliche Nutzung (§ 12 LNatSchG NRW)
  • Die Entwicklungs-, Pflege- und Erschließungsmaßnahmen (§ 13 LNatSchG NRW), insbesondere zur Förderung der Biodiversität

Des Weiteren finden sich im LNatSchG NRW Vorgaben zu den Bestandteilen des Landschaftsplans: Der Landschaftsplan besteht aus einer Karte, einer Begründung mit den Zielen und Zwecken sowie den wesentlichen Ergebnissen des Landschaftsplans (Umweltbericht) sowie einem Text und Erläuterungen (§ 7 Abs. 5 S. 1 LNatschG NRW).

Insbesondere anhand der Karte und den textlichen Festlegungen des Landschaftsplans können Bürgerinnen und Bürger prüfen, ob sie von einem der Inhalte des Landschaftsplan betroffen sind. So kann etwa für ein Grundstück, auf dem eine Bürgerin oder ein Bürger künftig bauen möchte, ein Naturschutzgebiet vorgesehen und damit gewisse Implikationen vorprogrammiert sein. In solchen Fällen ist eine sorgfältige Prüfung des Landschaftsplans und eine anschließend treffsichere Formulierung von Bedenken erforderlich.

IV. Rechtsschutzmöglichkeiten gegen einen Landschaftsplan

Jeder Bürgerin und jedem Bürger, die oder der meint, vom Landschaftsplan negativ beeinträchtigt zu sein, ist zu empfehlen, die Möglichkeiten zur Öffentlichkeitsbeteiligung frühzeitig und sinnvoll zu nutzen. Denn hierdurch können Konflikte nicht nur sachgerecht vermieden, sondern es können Abwendungsmöglichkeiten genutzt werden, die bei einem gerichtlichen Rechtsschutz nicht bestehen. Ein Rechtschutz vor den Gerichten konzentriert sich nämlich auf die Vereinbarkeit des Landschaftsplans mit den Gesetzen. Hingegen erfolgt bei der Aufstellung des Landschaftsplans eine ergebnisoffene Abwägung mit den unterschiedlichen öffentlichen und privaten Belangen (§ 7 Abs. 1 S. 2 LNatSchG NRW). Die Gerichte überprüfen hingegen nur, ob die Abwägungsgrenzen eingehalten worden sind.

Gerichtlicher Rechtsschutz gegen den Landschaftsplan kann grundsätzlich auf zwei Wegen erlangt werden:

  • „unmittelbarer“ Rechtsschutz: Möglich ist es, den Landschaftsplan im Wege der sog. Normenkontrolle nach § 47 Verwaltungsgerichtsordnung („VwGO“) unmittelbar einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen. Die Normenkontrolle ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO gegen unter den Landesgesetzen stehende Rechtsvorschriften statthaft, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Der Landschaftsplan als Satzung ist eine derartige Rechtsvorschrift. Die Rechtsschutzmöglichkeit ist auch wegen § 109a Justizgesetz NRW durch das Landesrecht eröffnet.
  • „mittelbarer“ Rechtsschutz: Es ist eine sog. inzidente Kontrolle des Landschaftsplans möglich. Bei dieser Variante wendet sich der Bürger zwar aus anderen Gründen, etwa wegen einer versagten Baugenehmigung, an das Gericht. Für die gerichtliche Entscheidung über den anderen Verfahrensgegenstand ist es aber nötig, die Geltung des Landschaftsplans – inzident – zu prüfen. Eine hierbei festgestellte Unwirksamkeit des Landschaftsplans hat jedoch, anders als bei der Normenkontrolle, keine – über das konkrete Verfahren hinausgehende – Allgemeinverbindlichkeit zur Folge.

Um es gar nicht erst zum Gerichtsverfahren kommen zu lassen, sollte die Öffentlichkeitsbeteiligung stets sach- und rechtskundig wahrgenommen werden.

Lawyer Dr. Dr. Malte Seyffarth