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Erleichterungen für Geothermie-Vorhaben in NRW

Am 8.4.2024 stellte das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen den sogenannten Masterplan Geothermie vor. Erklärtes Ziel des Ministeriums ist es bis 2045 bis zu 20% des Wärmebedarfs mit Geothermie zu decken. Dieses Ziel möchte die Landesregierung mit Hilfe des Masterplans erreichen. Der nachfolgende Beitrag möchte auf die Fördermöglichkeiten für Geothermie-Vorhaben nach dem Masterplan Geothermie aufmerksam machen und zugleich auf die juristischen Fallstricke für Geothermie-Vorhaben hinweisen.

I. Was ist Geothermie?

Geothermie ist das Synonym des deutschen Wortes Erdwärme. Bei der Geothermie geht es also um die im Erdinneren enthaltene Wärme, die gewonnen und anschließend genutzt werden soll. Verbreitet ist eine Unterscheidung zwischen der sogenannten oberflächennahen Geothermie und der tiefen Geothermie. Für diese gibt es unterschiedliche Abgrenzungen und Definitionen. Eine geläufige Abgrenzung erfolgt bei der Tiefe der vorzunehmenden Bohrung. Teils wird alles ab 400 Metern, teils alles ab 1.000 Metern Bohrtiefe der tiefen Geothermie zugerechnet. Der Masterplan Geothermie nimmt eine leicht abweichende Abgrenzung vor und ordnet alles ab einer Bohrtiefe von 1.500 Metern der tiefen Geothermie zu und verwendet für Bohrtiefen zwischen 400 Metern und 1.500 Metern den Begriff der mitteltiefen Geothermie. Die mitteltiefe Geothermie und die tiefe Geothermie unterliegen weitgehend den gleichen technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen.

Aber nicht nur die Tiefe der vorzunehmenden Bohrung ist wichtig, um die Unterscheidung zwischen oberflächennaher Geothermie und (mittel-)tiefer Geothermie zu verstehen. Der Unterschied zwischen beiden liegt gleichfalls in den verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten der gewonnenen Erdwärme. Bei der oberflächennahen Geothermie wird die Erdwärme häufig durch Erdwärmesonden oder Erdwärmekollektoren gewonnen und über Wärmepumpen für die Wärmeversorgung von Haushalten genutzt. Die (mittel-)tiefe Geothermie wird zwar ebenfalls zur Wärmeversorgung genutzt, kann aber ebenso für die Stromerzeugung verwendet werden. Für ihre Gewinnung gibt es zwei zentrale Verfahrensarten:

  • Bei den petrothermalen Verfahren wird Wasser mit viel Druck in die Tiefe der im Erdreich liegenden Steine gepresst, um die dadurch erzeugte Wärme im Wasser gewinnen zu können.
  • Bei den hydrothermalen Verfahren wird hingegen warmes Thermalwasser aus dem Erdreich gewonnen. Derartige Wasservorkommnisse sind vor allem auch im Rheinland anzutreffen. Der Masterplan Geothermie bezieht sich ausschließlich auf die hydrothermalen Verfahren und fördert nur diese.

II. Minimierung wirtschaftlicher Risiken durch den Masterplan Geothermie

Um sowohl die oberflächennahe Geothermie als auch die mitteltiefe und tiefe Geothermie auszubauen, sieht der Masterplan Geothermie unterschiedliche Maßnahmen vor. Besonders relevant sind die Maßnahmen, die das wirtschaftliche Risiko für Vorhabenträger von mitteltiefen und tiefen Geothermie-Vorhaben minimieren. Dies soll vor allem durch staatliche Förderung geschehen (Landesförderprogramm progres.nrw).

  • Von diesen Maßnahmen ist die künftige Möglichkeit der teilweisen Absicherung des sogenannten Fündigkeitsrisikos in Kooperation mit der NRW.Bank hervorzuheben. Viele (mittel-)tiefen Geothermie-Projekte scheitern nämlich häufig an den Kosten, die mit den Bohrungen in Zusammenhang stehen. Denn das Problem bei tiefen Bohrungen liegt darin, dass im Vorfeld nicht vollumfänglich abgeschätzt werden kann, ob das Thermalwasser, das mit den Bohrungen erschlossen werden soll, die ausreichende Qualität für die beabsichtigte Wärmegewinnung aufweist. Der Masterplan des Ministeriums liefert hier also eine wichtige Stellschraube, um eine neue positive Dynamik für künftige Vorhaben und deren (Risiko-)Investitionen zu schaffen.
  • Eine ähnliche Wirkung wird auch die Förderung von Vorerkundungsschritten der mitteltiefen und tiefen Geothermie haben. Das Investitionsrisiko wird durch diese Maßnahme weiter gesenkt. Gefördert werden können Vorstudien, Machbarkeitsstudien und seismische Messungen.

Förderfähig sind Unternehmen und Kommunen.

III. Rechtliche Herausforderungen für Geothermie-Vorhaben

Mit dem Masterplan rückt zugleich die Frage nach den rechtlichen Regularien für Vorhaben der Gewinnung von Geothermie in den Vordergrund. Vorhaben der Geothermie sind nicht nur aus energiewirtschaftlicher Perspektive interessant und komplex, sondern ebenso aus der Perspektive der rechtlichen Regulierung. Denn für Geothermie-Vorhaben gibt es gleich mehrere Genehmigungserfordernisse. Maßgeblich sind hierbei vor allem das Bergrecht, das Wasserrecht und das Baurecht. Darüber hinaus stellen sich bei der Geothermie auch immer energierechtliche Fragen. Dies betrifft jedoch vor allem Fragen bei der anschließenden Nutzung der Geothermie. Entscheidender ist jedoch vorab, dass die Gewinnung der Geothermie auch durch die unterschiedlichsten Genehmigungen, die rechtlich erforderlich sind, gedeckt ist.

  • Von zentraler Bedeutung ist das Bergrecht. Denn das Bergrecht bestimmt die Geothermie als bergfreien Bodenschatz (§ 3 III 2 Nr. 2 Buchst. b des Bundesberggesetzes [BBergG]). Für die Gewinnung der Geothermie ist daher eine Bergbauberechtigung unerlässlich (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 i.V.m. § 6 BBergG). Das Verfahren kann sich hier umfangreich gestalten, da der Behörde grundsätzlich Betriebspläne für die Gewinnung vorzulegen sind (§ 51 Abs. 1 BBergG).
  • Während sich die Frage nach dem Erfordernis einer Genehmigung im Sinne des Bergrechts einfach beantworten lässt, ist die Frage nach der Genehmigungsbedürftigkeit im Sinne des Wasserrechts komplexer. Denn das Erfordernis einer Erlaubnis oder Bewilligung im Sinne des § 8 Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) hängt davon ab, ob einer der Benutzungstatbestände des § 9 WHG erfüllt ist. Es geht dabei um Handlungen bzw. Einwirkungen auf Gewässer, die der Gesetzgeber dem Genehmigungserfordernis unterwerfen wollte; etwa das Einbringen und Einleiten von Stoffen in Gewässer oder das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser. Ferner sind auch Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen, erfasst. Dies sind die drei wichtigsten Benutzungstatbestände für Geothermie-Vorhaben. Nicht bei jedem Geothermie-Vorhaben müssen alle Benutzungstatbestände erfüllt sein. Vor allem bestehen hier relevante Unterschiede zwischen der oberflächennahen Geothermie und der (mittel-)tiefen Geothermie. Daher ist stets eine genaue Prüfung im Einzelfall angezeigt.
  • Des Weiteren ist eine umfangreiche baurechtliche Prüfung nötig. Bei Vorhaben der oberflächennahen Geothermie genügt allerdings regelmäßig die bereits vorliegende Baugenehmigung für das Wohnhaus, das mit der gewonnen Erdwärme versorgt werden soll. Eine separate Baugenehmigung ist dann regelmäßig nicht erforderlich. Dies erfordert allerdings vorab eine vorherige Prüfung im Einzelfall, namentlich einer Prüfung der vorliegenden Baugenehmigung. Bei Vorhaben der (mittel-)tiefen Geothermie bedarf es grundsätzlich einer separaten Baugenehmigung. Bei der Prüfung der baurechtlichen Zulässigkeit ist zu bedenken, dass sich vor allem bei Vorhaben im Außenbereich Rechtsunsicherheiten ergeben, da die Geothermie anders als andere Erneuerbare Energien nicht ausdrücklich in einem der Privilegierungstatbestände des § 35 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB) aufgeführt ist. Ob dennoch § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB angewandt werden kann, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Daher ist bei Vorhaben im Außenbereich eine frühzeitige rechtliche Begutachtung zu empfehlen, ob und wie das Vorhaben baurechtlich zugelassen werden kann.

Sehr gerne beraten wir Sie zu jedem Zeitpunkt Ihres Geothermie-Vorhabens und stehen an Ihrer Seite, um rechtliche Risken zu vermeiden oder die Förderfähigkeit Ihres Vorhabens zu prüfen.

Sprechen Sie uns gerne an!

Rechtsanwalt Dr. Dr. Malte Seyffarth