Arbeitsrecht 03/2022
Zum 01.08.2022 muss Deutschland die EU-Transparenzrichtlinie (auch „Arbeitsbedingungen-Richtlinie“ genannt) in deutsches Recht umsetzen. Dies soll durch eine Änderung des bereits seit 1995 existierenden Nachweisgesetzes geschehen. Dadurch kann auf die deutschen Arbeitgeber ein weiterer bürokratischer Aufwand in Bezug auf den Nachweis der Arbeitsbedingungen zukommen; bei Verstößen gegen die Nachweispflichten droht künftig ein Bußgeld. Die neu geplanten Nachweispflichten betreffen insbesondere die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts (einschließlich der Vergütung von Überstunden, Zuschlägen, Zulagen etc.), die vereinbarte Arbeitszeit/die vereinbarten Ruhepausen sowie das bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren. Die Dauer der Probezeit bei einem befristeten Arbeitsverhältnis muss künftig zu der zu erwartenden Dauer der Befristung des Arbeitsverhältnisses und der Art der Tätigkeit in einem angemessenen Verhältnis stehen, so dass man als Arbeitgeber nicht mehr stereotyp eine 6-monatige Probezeit veranschlagen darf. Nach der alsbald zu erwartenden Verabschiedung des neuen Gesetzes sollten neu abzuschließende Arbeitsverträge auf die neuen Vorschriften hin überprüft und ggfls. angepasst werden. Vom Gesetzgeber geplant ist zudem, dass Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse schon vor dem 01.08.2022 begründet worden sind, auf Verlangen über die neu hinzugetretenen Informationen unterrichtet werden müssen. Hierauf sollten sich die Arbeitgeber rechtzeitig einstellen.
Des Weiteren ist alsbald mit der Verabschiedung eines neuen Hinweisgeberschutzgesetzes zu rechnen. Durch dieses Gesetz soll die EU-Hinweisgeberrichtlinie aus dem Jahre 2019 in deutsches Recht umgesetzt werden. Das geplante Hinweisgeberschutzgesetz soll sog. Whistleblower, also Hinweisgeber, die im beruflichen Zusammenhang Informationen über Verstöße gegen strafbewehrte Rechtsvorschriften erlangen und melden, vor vertraglichen Repressalien, wie z.B. einer Kündigung, schützen. Nach dem derzeit vorliegenden Entwurf eines Hinweisgeberschutzgesetzes müssen private Beschäftigungsgeber, die mehr als 50 Beschäftigte haben oder unter die Aufzählung des § 12 Abs. 3 des Gesetzesentwurfes fallen, eine interne Meldestelle einrichten, an die sich Beschäftigte wenden können. Für Unternehmen mit bis zu 249 Beschäftigten gilt dies indes erst ab dem 17.12.2023. Nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf handelt ordnungswidrig, wer nicht dafür sorgt, dass eine interne Meldestelle eingerichtet ist und betrieben wird. Diese Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 20.000,00 € geahndet werden. Betroffene Unternehmen sind daher gut beraten, rechtzeitig vor dem Inkrafttreten des Hinweisgeberschutzgesetzes eine interne Meldestelle einzurichten.
Die Umsetzung der EU-Hinweisgeberrichtlinie durch den nationalen Gesetzgeber ist insbesondere unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten von großem Interesse. Unter Berücksichtigung der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) haben die von einer Meldung eines Whistleblowers betroffenen Arbeitnehmer unter anderem das Recht auf Information über die Zwecke der Datenverarbeitung (Art. 14 DS-GVO) und einen Anspruch auf Auskunft (Art. 15 DS-GVO). Nach der EU-Hinweisgeberrichtlinie darf jedoch die Identität des Whistleblowers nicht offengelegt werden. Der EU-Gesetzgeber hat insofern die nationalen Gesetzgeber ausdrücklich ausgefordert, bei der Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie durch gesetzgeberischen Maßnahmen den Schutz der Identität des Whistleblowers sicherzustellen, was letztlich nur durch eine Einschränkung der Betroffenenrechte nach der DS-GVO möglich sein wird.
Rechtsanwalt Dr. jur. Dieter Brammertz
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rechtsanwalt Sebastian Hinze, LL.M.
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht