Ausschluss aus einem Vergabeverfahren wegen mangelhafter früherer Auftragsausführung
Der Gesetzgeber hat im Jahr 2016 die vergaberechtliche Eignungsprüfung grundlegend geändert. Der Begriff der Eignung umfasst nur noch die Fachkunde und Leistungsfähigkeit, jedoch nicht mehr die Zuverlässigkeit und Gesetztestreue eines Unternehmens. Vielmehr hat der öffentliche Auftraggeber das Vorliegen von Ausschlussgründen zu prüfen. Diese Ausschlussgründe tragen den Kriterien Zuverlässigkeit und Gesetzestreue Rechnung. Ein praktisch relevanter Ausschlussgrund ist in § 124 Abs. 1 Nr. 7 GWB (ebenso § 6 e Abs. 6 Nr. 7 VOB/A-EU) geregelt. Danach kann ein Unternehmen ausgeschlossen werden, wenn es eine wesentliche Anforderung bei der Ausübung eines früheren öffentlichen Auftrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat. In praktischer Hinsicht ist von Interesse, wie Gerichte diese Formulierung handhaben. Es liegt nun eine erste Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle (Beschluss vom 09.01.2017, 13 Verg 9/16) vor. Der öffentliche Auftraggeber hatte die Herstellung lufttechnischer Anlagen im Rahmen einer Umbaumaßnahme europaweit ausgeschrieben. Nach Vertragsabschluss kam es zum Streit mit dem ausführenden Unternehmen. Dieses erstattete insgesamt 69 Behinderungsanzeigen. Der öffentliche Auftraggeber bezeichnete diese als „inhaltsleer“. Nach Auffassung des Auftraggebers kam es zu Bauverzögerungen aufgrund der unzureichenden personellen Ausstattung der Baustelle. Nach mehrfachen Fristsetzungen machte der öffentliche Auftraggeber seine Androhung wahr und kündigte den Bauvertrag aus wichtigem Grund. Die nicht erbrachten Leistungen schrieb er neu aus. Der frühere Auftragnehmer beteiligte sich an dem Vergabeverfahren erneut als Bieter. Der Auftraggeber schloss ihn wegen der angeblichen früheren Pflichtverletzung aus. Den Ausschluss bewertete das Oberlandesgericht Celle als rechtmäßig. Der öffentliche Auftraggeber muss eine Prognoseentscheidung dahingehend treffen, ob zu erwarten ist, dass der Auftragnehmer den Auftrag ordnungsgemäß ausführen wird. Für die behauptete mangelhafte Ausführung des früheren Auftrages ist der Auftraggeber darlegungs- und beweispflichtig. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle reicht es jedoch aus, wenn der Auftraggeber Indiztatsachen vorbringt, die von einigem Gewicht sind und auf gesicherten Erkenntnissen aus seriösen Quellen basieren und die die Entscheidung des Auftraggebers zum Ausschluss des Bieters nachvollziehbar erscheinen lassen. Diese Voraussetzungen hat das Gericht im entschiedenen Fall bejaht. Insbesondere verwies es darauf, dass der behauptete Verstoß erst zwei Monate zurücklag.
Demnach muss der öffentliche Auftraggeber für einen Ausschluss nicht das Ergebnis eines gegen den früheren Auftragnehmer geführten Zivilprozesses abwarten. Die Vergabekammer und das Beschwerdegericht müssen auch keine Beweisaufnahme zu den behaupteten Verstößen durchführen. Das Vorliegen von Indiztatsachen ist nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle ausreichend.
Dr. jur. Frank Schidlowski
Fachanwalt für Vergaberecht