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Anerkennung ausländischer Ausbildungen im Pflegebereich

Ausbildungen, die außerhalb Deutschlands, eines EU-Mitgliedstaats, eines Vertragsstaats des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz absolviert wurden, müssen einem speziellen Anerkennungsverfahren unterzogen werden. Im Rahmen der hierbei erfolgenden Gleichwertigkeitsprüfung wird festgestellt, ob die ausländische Ausbildung mit der entsprechenden deutschen Ausbildung vergleichbar ist. Für die Pflege- und Gesundheitsfachberufe ist die Gleichwertigkeitsprüfung in § 40 Abs. 1 Pflegeberufegesetz (PflBG) geregelt. Erst nach Bestätigung der Gleichwertigkeit und Erteilung einer Berufsausübungserlaubnis kann die betroffene Person in Deutschland im erlernten Beruf tätig werden.

Insbesondere im Bereich der Pflege- und Gesundheitsfachberufe führen die Regelungen über das Anerkennungsverfahren zu unbefriedigenden Ergebnissen. Im Pflegebereich herrscht ein eklatanter Fachkräftemangel. Nach Berechnungen des Deutschen Statistischen Bundesamts steigt der Bedarf an Pflegekräften bis zum Jahr 2049 im Vergleich zum Jahr 2019 um ein Drittel auf ca. 2,15 Millionen. Laut Pflegekräftevorausberechnungen wird prognostiziert, dass die erwartete Zahl an Pflegekräften im Jahr 2049 zwischen 280.000 und 690.000 unter dem erwarteten Bedarf liegen wird (Stand: 24.01.2024, Quelle: Pressemitteilung Nr. 033 des Statistischen Bundesamts). Dieser Fachkräftemangel ist auf Grund des demografischen Wandels in Deutschland effektiv nur über die Zuwanderung von Fachkräften zu bewältigen. In diesem Zusammenhang sei auf die Diskussion zur Modernisierung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes verwiesen, die die Zuwanderung von Fachkräften zunehmend stärken soll (vgl. Neue Wege zur Fachkräftegewinnung | Bundesregierung; das Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung ist abrufbar unter Bundesgesetzblatt 2023, Nr. 217). An dieser Stelle führt das komplexe Recht zur Anerkennung von ausländischen Ausbildungen und Qualifikationen dazu, dass in der Praxis der Ausgleich des Fachkräftemangels durch Zuwanderung nur schleppend voranschreitet, da die Anerkennungsverfahren und die Gleichwertigkeitsprüfungen viel Zeit in Anspruch nehmen und in den meisten Fällen negativ beschieden werden (vgl. dazu folgenden Artikel: BibliomedPflege, Pflegefachpersonen aus Drittstaaten nicht vergraulen). Hinzu kommt, dass sich die Struktur der Ausbildung im Kranken- und Pflegebereich in den letzten Jahren bedeutend geändert hat und diese Änderung sich auch bei der Anerkennung ausländischer Pflegeberufe auswirkt. Nicht zu unterschätzen sind außerdem die aufenthaltsrechtlichen Aspekte, die von den Antragsstellern zu berücksichtigen sind.

I. Anerkennungsverfahren und Gleichwertigkeitsprüfung

Kern des Anerkennungsverfahrens ist die Gleichwertigkeitsprüfung. Gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 PflBG wird ein Ausbildungsstand als gleichwertig angesehen, wenn die Ausbildung des Antragsstellers in dem Beruf, für den die Anerkennung beantragt wird, keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der in diesem Gesetz und in der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für diesen Beruf geregelten Ausbildung aufweist. Wesentliche Unterschiede bestehen etwa, wenn die im Ausland abgeleistete Ausbildung hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit Themenbereiche oder Bereiche der praktischen Ausbildung umfasst, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die nach diesem Gesetz und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Pflegeberufe vorgeschrieben sind (§ 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 PflBG).

Werden solche Unterschiede festgestellt, so wird ein sog. Defizitbescheid erlassen. Dieser verpflichtet den Antragssteller dazu, die festgestellten Defizite durch Anpassungsmaßnahmen, wie eine Kenntnis- oder Eignungsprüfung oder einen Anpassungslehrgang auszugleichen. Zwischen diesen beiden Möglichkeiten besteht ein Wahlrecht des Antragsstellers. Die Bearbeitungsdauer des Verfahrens beträgt in der Regel etwa vier Monate.

Nach Abschluss der Anpassungsmaßnahmen ist zusätzlich eine Berufsausübungserlaubnis zu beantragen, die u.a. den Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse erfordert.

Um das Verfahren zu beschleunigen, kann der Antragssteller gemäß § 40 Abs. 3a Satz 1 PflBG auf die Gleichwertigkeitsprüfung verzichten. In diesem Fall ist direkt eine Kenntnisprüfung abzulegen, ohne dass die Behörde die detaillierte Gleichwertigkeitsprüfung durchführen muss. Dieses Vorgehen bietet sich insbesondere an, wenn keine positiven Ergebnisse aus der Gleichwertigkeitsprüfung zu erwarten sind.

Eine weitere Beschleunigungsmöglichkeit bietet das sogenannte beschleunigte Fachkräfteverfahren nach § 81a Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Hier gelten verkürzte Bearbeitungsfristen, vorausgesetzt, der Antragssteller verfügt über ein Arbeitsplatzangebot und der Arbeitgeber initiiert das Verfahren über die zuständige Ausländerbehörde.

II. Strukturelle Änderungen in der Pflegeausbildung und Auswirkungen auf das Anerkennungsverfahren

Seit dem 1. Januar 2020 wurde im Pflegebereich die generalistische Ausbildung eingeführt. Ziel dieser Reform ist es, den Pflegeberuf moderner und attraktiver zu gestalten (zur Struktur des neuen Ausbildungsstandes: BMFSFJ – Ausbildung zur Pflegefachperson). Dabei wurden die bisher getrennten Ausbildungsberufe der Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege sowie Gesundheits- und Kinderkrankenpflege zu einem einheitlichen Beruf der Pflegefachfrau bzw. des Pflegefachmanns zusammengeführt. Die bisherigen Ausbildungsberufe können nur noch bis zum 31. Dezember 2024 abgeschlossen werden.

Für das Anerkennungsverfahren ergeben sich hieraus wichtige Konsequenzen. In Nordrhein-Westfalen (NRW) können noch bis Ende 2024 Anträge auf Anerkennung nach den alten Ausbildungsregelungen gestellt werden. Ab 2025 ist ausschließlich die Anerkennung nach dem neuen Pflegeberufsgesetz möglich. Praktisch relevant ist dies beispielsweise bei Anpassungsmaßnahmen: Während für den Beruf der Gesundheits- und Krankenpflegerin die Anpassungsmaßnahmen ausschließlich in Krankenhäusern durchzuführen sind, können diese für die Anerkennung als Pflegefachfrau bzw. -mann z.B. auch in Seniorenheimen erfolgen.

Auswirkungen der Gesetzesänderung bestehen außerdem in zeitlicher Hinsicht: Antragssteller, die die Anerkennung eines nach dem alten Gesetz geregelten Ausbildungsberufes begehren, sind in NRW verpflichtet, Anpassungsmaßnahmennoch bis Ende 2024 zu beginnen.

III. Aufenthaltsrechtliche Besonderheiten

In der Regel erhält eine Person, die die Durchführung von Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen beabsichtigt, einen speziell hierauf gerichteten Aufenthaltstitel gem. § 16d AufenthG. Problematisch kann es werden, wenn der Aufenthaltstitel seine Geltungsdauer verliert, während das Anerkennungsverfahren noch nicht abgeschlossen wurde. In diesen Fällen müssen neben den verfahrenstechnischen Fragen zum Anerkennungsverfahren selbst zusätzlich aufenthaltsrechtliche Fragen zeitnah geklärt werden, um zu verhindern, dass der Antragssteller sich ohne eine gültige Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland aufhält. Betroffene Personen müssen daher strikt darauf achten, dass sie vor Ablauf ihres Aufenthaltstitels bei der zuständigen Ausländerbehörde vorstellig werden. Da hierbei häufig die Bundesagentur für Arbeit beteiligt ist, empfiehlt es sich in bestimmten Fällen, frühzeitig ein Arbeitsplatzangebot vorzulegen, um Verzögerungen zu vermeiden.

IV. Fazit

Bedauerlicherweise handelt es sich bei dem Anerkennungsverfahren um ein langwieriges und nur selten mit der direkten Anerkennung endendes Verfahren. Insbesondere im Pflegebereich wäre es angesichts des herrschenden und sich weiter zuspitzendenden Fachkräftemangels geboten, die Regelungen für die Anerkennung der Gleichwertigkeit ausländischer Pflegeausbildungen zu vereinfachen, um die Zuwanderung von Pflegekräften effektiv zu ermöglichen.

Auf Grund der geänderten Gesetzeslage müssen Antragsteller genau darauf achten, welchen der Ausbildungsberufe im Pflegebereich sie in ihrem Antrag ausweisen. Bei der Anerkennung der nach alter Gesetzeslage geregelten Pflegeberufe bestehen zeitliche Beschränkungen für die Durchführung der Anpassungsmaßnahmen, die berücksichtigt werden müssen.

Im Übrigen dürfen Antragssteller ihre aufenthaltsrechtliche Situation nicht außer Acht lassen und sich ggf. rechtzeitig um die Verlängerung ihrer Aufenthaltstitel bemühen.

Bei all diesen sowie weiteren Fragen stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite und unterstützen Sie auf Ihrem Weg zur Anerkennung Ihres Ausbildungsberufes. Sprechen Sie uns gerne an.

Anna Hanke, LL. M.